„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – das höre ich immer wieder.
Erst vor kurzem sprach mich eine Ausbildungsbeauftragte an, dass die Azubis es heute doch sehr viel besser hätten als sie damals. Dass sich früher niemand Gedanken um die Vermittlung der Ausbildungspunkte, gute Arbeitsbedingungen oder geschweige denn Unterstützung in der Berufsschule machte. „Warum sollten die es schöner haben als ich damals?“
Ausbildung heute und vor 20 Jahren
Damals hatte es keine Priorität, die Punkte aus dem Ausbildungsrahmenplan zu vermitteln. Aufgaben wie z.B. den ganzen Tag die Post frankieren, zur Post bringen, Brotzeit holen und wochenlang die Ablage erledigen, waren an der Tagesordnung, Auszubildende waren günstige Hilfskräfte. „Heute darf ich einen Azubi nicht mal darum bitten, meine Kopien anzufertigen“, wurde mir gegenüber argumentiert.
Selbstverständlich darf man auch heute einen Azubi damit beauftragen, Kopien oder die Ablage zu erledigen. Aber wir haben einen Ausbildungsauftrag, den ich persönlich sehr wichtig nehme: Im Fokus steht doch die Vermittlung der fachlichen Fähigkeiten und Kompetenzen, sowie die immer wichtiger werdenden Soft Skills: Soziale Kompetenzen und Werte, Methoden – und Handlungskompetenz.
Lernen von der Generation Z
Natürlich geht es heute in der Ausbildung nicht darum, die Azubis in einen VIP-Status zu erheben, sondern vielmehr darum, die „Generation Z“ zu verstehen, evtl. auch von dieser Generation zu lernen und die Erfahrung unsererseits mit den frischen Ideen und der anderen Wertevorstellung der „Z`ler“ zu verbinden. Gerade in unserer Medienbranche machen wir immer wieder die Erfahrung, dass die jungen Leute neue Impulse für unser Produktportfolio einbringen und wenn man ihnen Verantwortung übergibt, auch etwas sehr Tolles daraus entstehen kann.
Zuletzt hatten wir unseren Azubis ein Projekt übergeben mit dem Titel: „Von Azubis für Azubis“. Sie hatten völlig freie Wahl, durch welches Medium sie neue Azubis erreichen wollen. Heraus kam eine wunderbare, informative Landingpage, die in Kürze online geht.
„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann“ sagte einst Charles Darwin, britischer Naturwissenschaftler.
Chance für alle Generationen
Wenn man sich dies vor Augen führt, ist es doch eine wundervolle Chance, mit der „Generation Z“ zusammenzuarbeiten, denen Spaß bei der Arbeit, freundliche Kollegen und ein gutes Betriebsklima sehr wichtig sind. Und ganz ehrlich: wünschen wir uns das nicht alle?
Autorin: Nadine Lugner, Ausbildungsleitung bei der Kunze Medien AG
…”und wenn man ihnen Verantwortung übergibt”, das war für mich der wichtigste Nebensatz in dem Beitrag! Warum? Weil er mit dem kleinen Wörtchen “wenn” begann. Warum diese Einschränkung? Was hindert uns daran jedem Azubi am Arbeitsplatz nach Unterweisung in eine neue Arbeitsaufgabe, lt. Rahmenausbildungsplan, konkrete praktische Aufgaben in Eigenverantwortung zu übergeben und durch gemeinsame anschließende Lernerfolgskontrolle ihm ein Erfolgserlebnis und damit Spaß an der Ausbildung zu verschaffen?
Gerald Hofmann
seit 10 Jahren AEVO-Prüfer bei der IHK
Hallo Herr Hofmann,
aus meiner Sicht beschreibt dieser Satz der Autorin die Realität sehr gut.
Denn natürlich sollte es genauso sein, wie Sie schreiben, aber die Praxis sieht leider manchmal anders aus. Das hat ganz unterschiedliche Gründe: manche Azubibetreuer sehen sich noch in einer “veralterten” Rolle, andere trauen sich nicht Verantwortung zu übergeben, usw.
Da braucht es etwas Mut und Vertrauen. Und ich finde es sehr schön zu sehen, dass immer mehr Ausbilder wie Azubibetreuer ganz viel Verantwortung übergeben.
Viele Grüße
Sabine Bleumortier
Hallo Herr Hoffmann,
leider sieht die Realität in anderen Unternehmen oft anders aus, deshalb das Wörtchen “Wenn”.
Erfreulicherweise wird es in unserem Unternehmen täglich “gelebt”, den Auszubildenden Verantwortung zu übergeben.