Als Ausbilder ist es unsere Aufgabe, den Azubis bestmöglich das notwendige Wissen zur Ausübung ihres Berufs zu vermitteln. Ein Teil dieses Wissens ist in vielen Berufen Faktenwissen, das Azubis immer wieder aufs Neue vermittelt werden muss. Als Ausbilder für Fachinformatiker muss ich z.B. jedem neuen Azubi immer wieder erklären, wie Schleifen in einer Programmiersprache funktionieren. An diesem grundlegenden Konzept hat sich in den letzten 30 Jahren nichts geändert, dennoch muss ich immer wieder die gleiche Geschichte erzählen. Das wird für mich irgendwann zwangsläufig zur Routine und damit auch langweilig. Und die wertvolle Zeit, die ich mit dieser Wissensvermittlung verbringe, kann ich nicht für tiefergehende Diskussionen mit den Azubis oder gar Transferleistungen verwenden.
Wissensvermittlung durch Podcasts
Als Softwareentwickler ist es mein Job, Abläufe zu automatisieren. Dazu gehört durchaus auch mein eigener Arbeitsalltag. Daher habe ich mir vor einige Zeit überlegt, wie ich die zur Routine werdende Tätigkeit der Wissensvermittlung automatisieren könnte. Mit Hilfe von Podcasts, also Audiodateien, die über das Internet verbreitet werden, ist mir das nun möglich. Meine Erläuterungen zu grundlegenden Themen der Ausbildung werden in gleichbleibender Qualität und ohne aufkommende Langeweile vermittelt. Anstatt genervt immer wieder das Gleiche erklären zu müssen, mache ich mir nur noch einmalig die Mühe, den jeweiligen Themenbereich optimal aufzubereiten, und ihn dann über ein Mikrofon in den PC einzusprechen und als MP3-Datei im Anwendungsentwickler-Podcast zum Download anzubieten. In meinem Fall stelle ich die Inhalte nicht nur meinen eigenen Azubis zur Verfügung, sondern auch allen anderen interessierten Hörern im Internet. Das muss aber nicht so sein. Auf einem unternehmensinternen Netzlaufwerk bereitgestellte MP3-Dateien reichen für die eigenen Azubis natürlich auch.
Der technische und finanzielle Aufwand beim Podcasting geht gegen Null. Um loszulegen würde das ins eigene Handy eingebaute Mikrofon schon ausreichen. Und eine einfach zu bedienende Audiobearbeitungssoftware gibt es völlig kostenfrei im Internet zum Download (z.B. Audacity). Ich selbst habe mit dem Medium Podcast in der Ausbildung in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht und mein Engagement wurde 2018 auch mit dem dritten Platz des deutschen Personalwirtschaftspreises belohnt.
Vorteile für Ausbilder und Azubis
Der Einsatz von Podcasts in der Ausbildung hat mehrere Vorteile für Ausbilder und Auszubildende. Zunächst einmal können die Azubis in ihrer eigenen Geschwindigkeit und zeitlich entkoppelt vom Ausbilder lernen. Die Episoden können z.B. in unterschiedlicher Reihenfolge angehört werden, einzelne Teile können wiederholt oder übersprungen werden und auch die Geschwindigkeit kann angepasst werden – sowohl nach oben, als auch nach unten. Ich selbst habe mir antrainiert, Podcasts in dreifacher Geschwindigkeit zu hören. Eine enorme Zeitersparnis! Und durch die zeitliche Unabhängigkeit meiner Aufnahme vom Anhören der Azubis, bin auch ich viel flexibler in meiner Arbeitsgestaltung als Ausbilder. Wir müssen z.B. nicht zwangsläufig gleichzeitig vor Ort sein, um den Azubis etwas erklären zu können.
Das Medium Audio ist außerdem eine gute Ergänzung zur Standardliteratur in Buchform. Azubis, die eher auditiv lernen, werden so besser gefördert. Und im Kontrast zu Videounterweisungen haben Podcasts den Vorteil, dass kein Fokus auf den Bildschirm notwendig ist. Die Audioinhalte können durchaus verarbeitet werden, während parallel andere Tätigkeiten durchgeführt werden, die keine große Aufmerksamkeit erfordern. Wenn z.B. einmal viele Kopien gemacht werden müssen, während einer längeren Anreise zum Arbeitsort, oder auch zu Hause während des Abwaschens: Durch die ständige Verfügbarkeit der Audioinhalte auf mobilen Endgeräten, wird jeder “Leerlauf” zu einem potentiellen Lehrgespräch. Es kann also ein Multitasking mit entsprechender Zeitersparnis beim Lernen stattfinden.
Als Ausbilder muss ich mir nun auch nicht mehr die Frage stellen, ob ich allen Auszubildenden die gleichen Inhalte vermittelt habe, sondern kann sicher sein, dass alle Themen vollständig behandelt wurden. Und viele Azubis kennen heutzutage das Medium Podcast bereits, da es z.B. auf Apple-Geräten mit iTunes sehr dominant beworben wird. Das heißt, wir können unsere Auszubildenden auch dort abholen, wo sie sich alltäglich ohnehin bewegen. Für mich eine Win-Win-Situation!
Technologie ersetzt nicht den persönlichen Kontakt
Das bedeutet aber keinesfalls, dass persönliche Gespräche zwischen Azubi und Ausbilder wegfallen und durch passives Konsumieren von Audioinhalten über den Kopfhörer ersetzt werden. Im Gegenteil: Nach dem Anhören des Podcasts können die gemeinsamen Fachgespräche über die Inhalte auf einem viel höheren Niveau geführt werden. Statt im Lehrgespräch lediglich Grundlagen zu vermitteln, kann nun der Fokus auf eventuell vorhandene Wissenslücken oder Lernschwierigkeiten und vor allem auf die Fragen der Azubis gelegt werden. Die kostbare Zeit mit dem Ausbilder kann nun dafür verwendet werden, das Wissen in die Praxis zu übertragen und anzuwenden. Der persönliche Kontakt ist also nicht durch MP3-Dateien zu ersetzen. Aber durch das Medium Podcast wird dennoch eine starke Bindung zum Ausbilder aufgebaut. Ich selbst kenne das aus meiner langjährigen Erfahrung mit Podcasts als Konsument. Man baut zu Podcastern, die man über längere Zeit “in sein Ohr lässt”, ein durchaus inniges Verhältnis auf. Auch wenn dieses natürlich nur einseitig ist.
Fazit
Podcasts sind aktuell (noch) kein Massenmedium und vielleicht sogar ein wenig exotisch. Aber das sollte uns nicht daran hindern, ihre Vorteile in der Ausbildung auszunutzen. Bei kaum vorhandenen Anfangsinvestitionen bringen sie schnell eine Arbeitserleichterung für uns Ausbilder bei gleichzeitig hoffentlich besserem Lernerfolg für die Azubis.
Überlegen Sie sich doch auch einmal, welche Inhalte aus ihrem Ausbildungsalltag sich in Form eines Podcasts vermitteln lassen. Bei Fragen zum Einstieg ins Thema helfe ich Ihnen gerne weiter.
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